Nachdem die Stadt 1255 an ihrem neuen Ort angelegt wurde, begann noch am Ende des 13. Jahrhunderts der Bau einer imposanten Kirche. Die Arbeiten dauerten an die 100 Jahre, ja selbst im 15. Jahrhundert waren noch nicht alle Arbeiten abgeschlossen. Der Turm hatte ein ganz anderes Aussehen als heute. Ursprünglich waren es zwei Türme, die erst in den folgenden Jahren zu einem gemeinsamen Turmfundament umgebaut wurden. Bereits während der Bauarbeiten kam es wahrscheinlich zu einer Katastrophe bei der sich die hoch aufragenden Pfeiler des über 40 m langen Hauptschiffes der Kirche zur Seite neigten. Noch heute staunen Besucher, dass die Pfeiler bislang nicht umgestürzt sind. Sie wurden stabilisiert und blieben in ihrer bis zu 62 cm aus dem Lot geratenen Schiefheit stabil.   

Kollegiatskirche, Konkathedrale, Basilika minor all das gilt für dieses monumentale Beispiel der Backsteingotik und zugleich Kolbergs wichtigstes Baudenkmal. Mit 74 m Höhe gehört die Kirche nichtmal zu den hohen Gotteshäusern, aber sie ist breit und Polens einzige fünfschiffige Kirche. 

Der letzte evangelische Pastor, Paul Hinz, hat in weiser Voraussicht während des Zweiten Weltkrieges die wertvollsten Teile, Bilder und Elemente der Innenausstattung aus der Kirche entfernen lassen und sie so vor Kriegszerstörung bewahrt. Versteckt in Kellern, Scheunen und in den Dörfern der Umgebung entkamen sie der Zerstörung der Märzschlacht um Kolberg im Jahre 1945. Die Basilika selbst wurde bis auf das Presbyterium, das Turmfundament und einen Teil der Aussenwände zerstört. Erst in den 80er und 90er Jahren wurde die Kirche wieder aufgebaut, nachdem sie zuvor 1976 durch die Staatsmacht des kommunistischen Polens der Katholischen Kirche übereignet worden war. Die ursprünglich katholische Basilika, die mit der Reformation von den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 protestantisch war, wurde somit erneut katholisch, denn dieser Konfession gehörte die Bevölkerung an, die sich hier infolge des Zweiten Weltkrieges nach dem Anschluss dieser Gebiete an Polen niederliessen.

Die geretteten wertvollen Dinge kehrten in ihrer Mehrzahl in die Basilika zurück  und so kann man heute wieder die Kerzenständer, Kandelaber, das Taufbecken, Bilder, Bänke und Grabplatten bewundern, von denen einige sogar noch das 14. Jahrhundert erinnern. Im Jahre 2000 wurde eine aus den Niederlanden stammende Orgel in Betrieb genommen. 2013 dann eröffnete die Aussichtsplattform auf dem Turm. Touristen die den weiten Blick über dei Stadt un ddas meer genießen wollen, können seitdem die 216 Stufen hinaufgehen, oder mit dem Aufzug fahren. Die einstmals zerstörten Fenster wurden fast vollständig durch neue Glasfenster ersetzt, die einen Zyklus der Mariensanktuarien Europas zeigen. 2015 fehlte lediglich noch das Fenster an der Nordseite des Altarraums. 

Wer die Basilika touristisch besucht, der kann 20 Minuten bleiben, oder auch zwei Stunden. Aber selbst beim kürzesten Aufenthalt kann man die stark geneigten Pfeiler auf der rechten Seite vom Haupteingang betrachtet nicht übersehen. Neueste geologische Untersuchungen bestätigen, dass unter der Kirche unstabile Sände lagern und ausserdem ein Wasserlauf vorhanden zu sein scheint. Umso wahrscheinlicher scheint nun die Vermutung, dass sich die Pfeiler wegen des unstabilen Grundes selbst, unter ihrem eigenen Gewicht bereits beim Bau gegen Ende des 14. Jahrhunderts geneigt haben. Seitdem hat es viele Bemühungen gegeben die Pfeiler zu stabilisieren, wie man auch an den Eichenbalken und Mauerankern erkennt und sie bewegen sich heute nicht mehr. Wenden wir uns vom Haupteingang nach rechts, so finden sich im hinteren Teil des südlichen Nebenschiffes Bilder aus dem Leben der Kathedrale vor 1945 und der Kirchenruine nach 1945. Auch ein Porträt des bereits erwähnten Pastors Paul Hinze ist dort zu sehen. Im weiteren treffen wir im Südschiff auf einen siebenarmigen Leuchter aus dem Jahre 1327. Dieses Unikat aus gotischer Zeit wurde durch den Bronzegießer Jan Apengeter im Stile jüdischer Vorbilder geschaffen. Trotzdem handelt es sich hier aus verschiedenen Gründen nicht um eine Menora. Zum Ersten ist der Leuchter nicht aus Gold, zum Zweiten ist er nicht im Ganzen gegossen, sondern vielmehr in Teilen, zum Dritten symbolisiert er nicht einen Mandelbaum, sondern einen Weinstock und zum Vierten beweisen die Bilder der 12 Apostel, dass es sich hier um einen christlichen Leuchter handelt und nicht um eine Menora. Diese fast 700 Jahre alte Stück wurde in den 50er Jahren in den Kellergewölben der Kathedrale von einem ungebildeten Arbeiter gefunden. Wäre nicht die sofortige Intervention des Historikers Jan Frankowskis gewesen, der aus Krakau nach Kolberg gekommen war, wäre dieses Stück sicherlich auf dem Schrottplatz gelandet.  Es wiegt schließllich an die 900 kg und ist aus Bronze. J. Frankowski wusste um den Wert der Stücke und kaufte sie für einige Flaschen Wodka. Nach der Restaurierung brachte er das Stück, um diese dramatische Geschichte reicher, wieder zurück nach Kolberg. Der 4 m hohe und fast genauso breite Leuchter ist zweifelsfrei ein Schmuckstück für das Gotteshaus.

Auf dem Weg zum Leuchter gehen wir an einigen, an der Wand hängenden Bildern vorbei. Auf den Bildern “Die Heilung Naamans des Syrers” und “Die Anbetung der drei Könige aus dem Morgenland” sind Medaillions mit den Stifternamen sichtbar. Ganz besonders bemerkenswert der Name Simon Adebars. Er liess sich und seine beiden Ehefrauen mit dem zweiten Bild verewigen. Die Maler zeigen in ihren Bildern viel Symbolik und versteckte Inhalte, sie erzählen dem Betrachter ungeahnte Geschichten. Das beweist “Der Totentanz” auch genannt “Der Ritter auf dem Friedhof”, ein Bild über die Grundfragen von Gut und Böse, Leben und Tod, Erlösung und Verdammung. Dargestellt ist hier eine Szene in der ein Ritter vor den herannahenden Kräften des Bösen, symbolisiert durch den Drachen auf den roten Wimpeln der herannahenden Soldatenschar, betet. Sein eifriges Gebet wird erhört und ihm zu Hilfe eilen die Toten. Bewaffnet sind die Skelette mit Spießen, Dreschflegeln, Scheren, Rudern, Haspeln, Beilen, Hämmern und sonstigen Gegenständen die sie im Leben genutzt haben.  Das Bild ist wohl ein Epitaph des Ritters, der uns mit Namen bekannt ist, denn den verrät uns eine Inschrift am unteren Rand mit der Aufforderung für Siewert Granzin und alle Christenseelen zu beten. Am Ende der Wand, kurz vor dem Niedergang zur Krypta Kardinal Ignacy Jeżs, hängt ein weiteres interessantes Gemälde: “Das tugendhafte Frauenzimmer” aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Auch wenn es im Gegenlicht und nur schwer zugänglich hängt, machen sie ein Foto mit ihrem Telefon, vergrößern sie es und sie werden sehen, was sich im Viereck des Rahmens verbirgt. Die gezeigte Frau hat einen mit einem Schloss verschlossenen Mund und in ihren Ohren sitzen Schlüssel, gegürtet wird sie von einer Schlange und ihre Füße bestehen aus Pferdehufen. Auf ihrer Brust zeigt sich ein kleiner Vogel und sie schaut auf das Kreuz, das sie in Händen hält. Diese Symbolik erzählt dass eine Frau nicht zuviel reden sollte, sich kein Gerede anhören soll, fest in ihrem Glauben an die Dreifaltigkeit zu stehen habe und sich nicht der Sünde hingeben soll, sondern fleissig für den heimischen Herd zu sorgen habe.

 

An Werktagen sind die Seiteneingänge geschlossen, also muss man zum Haupteingang zurückkehren, ein eindrucksvoller Weg. Betrachten sie die Altäre im Presbiterium und im Hauptschiff. Dort finden sie die nächsten wertvollen Dinge versammelt. Das aus Eichenholz gefertigte Chorgestühl ist das älteste Polens und stammt aus dem Jahre 1340. Von dem aus Lindenholz gefertigten Gestühl der Ratsherren aus dem 15. Jahrhundert, das wir im Südschiff sehen, unterscheidet es sich nicht nur durch das Material, sondern auch durch seine Bemalung und Ornamentik. Das Bürgergestühl ist bunt und seine Schnitzereien zeigen Figuren wie die Tiburtinische Sibylle und Kaiser Augustus, Maria mit dem Kinde, den vom Teufel - Drachen gefressenen Sünder, Ritter und Bischof. Und selbst für dekorative, militärische Elemente, wie Helm, Waffen und Schild, fand der, wohl aus dem Orden der Zisterzienser stammende Schnitzer noch Platz. 

Links vom Altar findet sich ein reich verziertes und in Bronze gegossenes Taufbecken aus dem Jahre 1355, geschaffen von Hans oder Jan Alart, das uns 26 Szenen aus dem Leben Christi zeigt. Das Triptychon: “Das letzte Abendmahl", “Die Anbetung der drei Könige aus dem Morgenland" und “Hlg. Anna selbdritt und der Hlg. Nikolaus", dessen Teile sich zu beiden Seiten des Altares und im Presbyterium finden, entstand etwa um 1500. Die Reliefschnitzerei des Abendmahls ist das Relikt eines im napoleonischen Krieg (1807) zerstörten Altares aus dem 15. Jahrhundert. Heben wir den Blick etwas, fallen uns die heute mit Energiesparlampen bestückten Kronleuchter auf. Der eindrucksvollste von ihnen, die “Schlieffenkrone” stammt aus dem Jahre 1523.  Der holzgeschnitzte Leuchter hat die Grundform eines verlängerten Achtecks und ist vergoldet, bemalt und mit Engelsfiguren verziert. In seinem Zentrum stehen die Muttergottes mit dem Kind und Johannes der Täufer. Diese Figuren werden von einem Dach, das an das Himmelszelt erinnert, geschützt. Kenner aber meinen, das der wertvollste der hängenden Leuchter die über 100 Jahre ältere “Holkenkrone” von 1420 sei. Selbst ihre unscheinbare Größe täuscht nicht über die Meisterhaftigkeit der detaillierten Messingarbeiten hinweg. Dieser Leuchter hängt dem Altar am nächsten. Das ist noch lange nicht alles Sehenswerte in der Kolberger Basilika. Zu bewundern gibt es noch weitere Gemälde, Grabtafeln, die Gewölbe oder einen der Pfeiler. Ein paar Worte aber seien über die bereits erwähnte Krypta des ersten Bischofs des Bistums Koszalin-Kołobrzeg, Kardinal Ignacy Jeż (1914 - 2007) gestattet, der 1972 in dieses Amt berufen worden war. Er verstarb nach seiner Nominierung zum Kardinal in Rom, noch bevor ihm das scharlachrote Birett verliehen wurde. Er hatte sich seine letzte Ruhestätte in der kolberger Basilika selbst ausgewählt und zu diesem Zwecke auch den alten Heizungskeller, der nach dem Anschluss an das Fernheizungsnetz funktionslos geworden war, umbauen lassen.

Die Basilika ist nicht nur ein Denkmal, sondern zu allererst ein lebendiges Gotteshaus. Und so versammeln sich hier auch neuzeitliche Symbole des Glaubens, wie man als Tourist immer wieder sehen wird. Wer also in den 90er Jahren diese Mauern besucht hat, der wird sie heute ganz anders wiederfinden.

An Werk- und Sonntagen findet der erste Gottesdienst um 7:00 Uhr und der letzte um 19:00 Uhr statt. (Im Juli und August um 20:00 Uhr).

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