Etappe IV: Mielno – Darłowo [41 km]
Mielno ist eine symbolträchtige Stadt an der polnischen Küste, die für viele ein Synonym für Spaß ist. Die Velo Baltica führt uns auf einer Schotterstraße entlang des Jamno-Sees, vorbei an der berühmten Promenade Przyjaźni (Freundschaft). Es stimmt, dass in Mielno unglaubliche Dinge geschehen, aber nicht unbedingt nur im Zusammenhang mit den Verrücktheiten der Samstagnächte (und nicht nur). Seit 2004 findet hier jedes Jahr das Internationale Walross-Treffen statt. Hier werden Guinness-Rekorde in der Anzahl der gleichzeitig badenden Personen gebrochen – 2018 nahmen 3212 Menschen an einem gemeinsamen Bad teil. Das Symbol dieser Treffen ist das Walross-Denkmal am Haupteingang zum Strand. Leider schlafen die Walrosse im Sommer und sind während einer Radtour eher schwer zu finden. Nichts hindert Sie jedoch daran, unsere Route im Winter zu befahren – insbesondere für diejenigen, die keine Sommermassen mögen und... gerne walrossen. Der Ruf der Treffen in Mielno hat wohl sogar die Arktis erreicht, denn Ende Juni 2022 ruhte sich am Strand direkt neben Mielno ein echter Walross aus! Der arme Kerl hatte jedoch die Jahreszeit verwechselt. Während der Anblick von Robben an polnischen Stränden nichts Ungewöhnliches ist, wurde ein arktisches Walross zum ersten Mal an der Ostsee gesichtet.
Mielno ist ein weiterer Fahrradknotenpunkt und eine zweite Chance, auf den Alten Eisenbahnweg nach Koszalin und Białogard abzubiegen. Wenn wir uns dagegen entscheiden, führt uns die Route hauptsächlich über separate Fahrradwege, meist mit Asphaltbelag.
Auf der Strecke Łazy – Dąbki entfernt sich der Weg vom Meer und führt über bequeme Radwege. Unterwegs kommen wir an einer interessanten Kirche in Iwięcin mit schönen Deckenmalereien vorbei. Erwähnenswert ist, dass es in Iwięcin eine Schule gibt, die nach dem Kanufahrer Aleksander Doba benannt ist, sowie eine Jugendherberge, die nach Kazimierz Nowak, dem berühmtesten polnischen Radreisenden, benannt ist.
Viele Radfahrer sind von der Möglichkeit begeistert, über die Nehrung nach Dąbki zu fahren. Wir raten davon ab. Erstens wird es kein Radfahren sein, sondern das Schieben der Fahrräder. Zweitens gelangt man am Ende des Weges auf die Dünen, was eine Geldstrafe von der Seebehörde nach sich ziehen kann.
Bevor wir Darłowo erreichen, erwarten uns weitere Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg. In Bobolin biegen wir vom Weg in die Strandstraße ab, die uns, wie der Name schon sagt, zum Strand führt. Es handelt sich jedoch nicht um einen gewöhnlichen Strand, sondern um das „Amphitheater des Todes”. Schon der Name allein, wenn auch inoffiziell, weckt die Sinne und begründet Neugierde. Es handelt sich dabei nicht um ein Relikt aus Gladiatorenkämpfen, sondern um eine 12 Meter hohe Mauer aus Stahlbeton, die auch als „Chinesische Mauer” bezeichnet wird. Völlig zu Unrecht, denn die Mauer ist deutsch und sollte ein streng geheimes Projekt schützen, das sich dahinter verbarg. Von der Seeseite her wurde das Projekt durch Bunker geschützt, die bis heute den Strand „verschönern”. Alle diese Objekte, einschließlich derjenigen, die nicht besichtigt werden können (da sie sich auf dem Gelände einer Militäreinheit befinden), waren Teil eines Artillerie-Übungsplatzes, auf dem die größte Kanone aller Zeiten getestet wurde. „Dora” war eine 800-mm-Eisenbahnkanone, die sich auf zwei Schienen bewegte. Sie hatte einen 32 m langen Lauf, war 11 m hoch, wog 1350 Tonnen und wurde von etwa 500 Personen bedient. Zum Vergleich: Derzeit sind Artilleriegeschütze mit einem Kaliber von 155 mm der NATO-Standard. Eine so große Waffe ist sehr unhandlich, schwer zu transportieren und leicht zu lokalisieren und zu zerstören, weshalb sie sich als Sackgasse in der militärischen Entwicklung erwies.
Transport:
In der Sommersaison kann man Mielno mit dem POLREGIO-Zug von Koszalin aus erreichen. Der Bahnhof Koszalin ist durch einen Radweg mit Mielno verbunden und ist ein großer Verkehrsknotenpunkt, an dem die Züge von POLREGIO (u. a. aus Stettin, Slupsk, Posen oder Szczecinek) und PKP Intercity (u. a. aus Stettin, Danzig, Posen, Krakau, Warschau) halten. Der Fahrplan ist auf der Website https://portalpasazera.pl zu finden.
Oberfläche: Asphalt 76 %, Schotter 15 %, Pflastersteine 9 %.
Verkehrsart: Radwege 95 %, allgemeiner Verkehr 5 %.
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